Das aus der Seele entspringende Malerei | Ein Farberleben | Schöpfung der Form
Entstehung und Verkörperung der Idee | Die Technik | Das Methoden-Buch
 
 
     
 

IM ERLEBEN VON LUCIANO BALDUINO

DIE AUS DER SEELE ENTSPRINGENDE MALEREI

Aus Den Buch von Minardo
Bianca - B. Assenza * (Collezione privata)
Die von Assenza entwickelte äusserst originelle „Methode der Farben“, die von seinen sehr zahlreichen Schülern in verschiedenen Ländern der Welt praktiziert wird, hat nunmehr besondere Notorietät erlangt, weil sie von vielen als ganz besonders geeigneter Weg angesehen wird, um das Motto von Rudolf Steiner „aus der Farbe malen“ zu verwirklichen.

Rosario Giuseppe Assenza (1905-1985) wurde in Modica in Sizilien geboren. Seit seiner Kindheit wies er ausgeprägte künstlerische Begabungen auf, so dass er - nach der Beendigung seiner Ausbildung in dieser Richtung – ein hervorragender Maler wurde.

Noch in sehr jungen Jahren wurde er Autor beachtlicher Kunstwerke in Kirchen und öffentlichen Gebäuden in seinem Heimatland. Auf der Suche nach neuen Impulsen zur Weiterentwicklung seiner Kunst zog er nach Mailand, wanderte aus nach Frankreich und dann nach Deutschland.

Nachdem er sich später in Rom niedergelassen hatte, arbeitete er als geschätzter Porträtmaler und zog schliesslich 1957 in die Schweiz nach Dornach, wo er weiterhin viele Jahre seines Lebens der bereits in Italien begonnenen Suche nach einem Wege widmete, welcher ihm ermöglichen würde, tief in das von Rudolf geschaffene Motto „malen aus der Farbe heraus“ einzudringen, der aber auch bei gewissenhafter Anwendung möglich machen würde, sowohl vom Gesichtspunkt des Inhaltes als auch der Technik und des Stils her schätzenswerte Gemälde zu schaffen.

Eine vollständige Biographie des Maestro findet sich in den folgenden Werken:
Emanuele Minardo „Beppe Assenza, Leben und Werk des Autors der Methode der Farben in Antroposofia“ Edizione Edi Argo 2005.
Klaus Hartmann, Greet Helsen Durrer „Beppe Assenza, ein Leben für die Malerei und Anthroposophie“ Gideon Spicker Verlag 2005.

Die Verwirklichung der Absicht Rudolf Steiners, eine andere Art des Malens zu entwickeln, in welcher der Maler - anstatt die Materie zu gestalten, indem er ihr die eigenen Gefühle oder inneren Visionen einprägt - das Leben, das Wesen der Farbe selbst erfasst und aus ihr die IDEE für ein Gemälde herausholt, ist gewiss kein leichtes Unterfangen.

Es erfordert vor allem, sich nicht von der Farbe, so wie sie sich in der äusseren Welt in den Dingen darstellt, einfangen zu lassen, sondern sie lebend und frei in der Seele fluktuierend zu ergreifen. Nur wenn sie in ihrer eigenen Natur und ihrem Wesen im Bewusstsein des Künstlers aufgenommen wird, entwickelt dieser die Fähigkeit, sie ihren innersten Qualitäten und Eigenarten gemäss zu bearbeiten, bis er aus ihrer natürlichen Entwicklung Linien und Formen auftauchen sieht.

Diese letzteren gemäss der eigenen intuitiven Fähigkeiten interpretierend, wird der Künstler versuchen, den Inhalt dieser sich entwickelnden Farbkomposition zu erfassen, oder, besser gesagt, auch nur einen winzigen Teil jenes Farbenuniversums, das in ihr lebt und flutet. Aus dieser intimen Erfahrung wird die IDEE des Gemäldes geboren.

Ein malerisches Vorgehen, dem es gelingt, eine so anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen, kann nicht der Improvisation überlassen werden. Es erfordert vor allem eine besondere Verfeinerung der Sensibilität des Künstlers, aber nicht nur, sondern dieser muss dann seinerseits eine Vorgehensweise herausfinden, die, in vollkommener Übereinstimmung mit den natürlichen Bedürfnissen der Farben, gestattet, zur Schaffung von Formen und zur Konsolidierung der IDEE zu kommen ohne rein subjektive Interferenzen.
Assenza arbeitete viele Jahre an dem inneren Experimentieren mit den Farben und an der Suche nach einem Verfahren, das es erlaubte, das Erlebte der Materie mitzuteilen bis hin zur Realisierung einer lebendigen und pulsierenden Farbkomposition, aus der Formen und bedeutungsvolle Figuren hervorgehen würden.

So wurde aus seiner persönlichen Erfahrung eine umfangreiche Serie von Studien geboren, die, mit immer interessanteren Übungen ergänzt, zu seiner „Methode der Farben“ wurde.
Diese Methode ist zweifellos komplex und tief, da sie aus intensiv erlebter und daher wahrer, menschlicher und realistischer innerer Erfahrung hervorgegangen ist. Mit hingebender Liebe hat Assenza sie seinen Schülern zur Verfügung gestellt. Der Autor kann hier nur versuchen, einige kurze Hinweise darüber zu geben, wie er sie empfangen und gelebt hat, damit die Studierenden erste Anregungen für Ihre eigenen Versuche daraus entnehmen können.

     
  EIN FARBENERLEBEN

Wie in anderen auf der Farbenlehre Goethes basierenden Methoden beginnt man mit der Anstellung von Versuchen mit einzelnen Farben und den ihnen eigenen dynamischen Eigenschaften der Zusammenziehung, Ausdehnung, Entspannung (siehe vorhergehendes Kapitel), wie von Rudolf Steiner angegeben.

Aber schon von diesen ersten Arbeiten an, und noch mehr von den folgenden, nimmt die Methode Assenza besonderen Charakter und Vertiefung an. Sie sind so geschaffen, dass sie dem Schüler die Möglichkeit bieten, jene Sensibilität zu entwickeln, die für die seelische Wahrnehmung des Wesens der Farbe und ihr freies Fluktuieren erforderlich ist.

Aus den Buch von Hartmann
Dryadi - B. Assenza **
Man gelangt zu dieser Erfahrung nur, wenn man die Farben bei absoluter „innerer Stille“ betrachtet. Dann „sprechen“ sie zur Seele des Malers. Diese Haltung, die grundlegend und unerlässlich ist zur Verwirklichung der Absichten Steiners, ist das erste, was der Schüler lernen muss.

Die einzelnen Farben mit ihren verschiedenen Tonalitäten werden von Assenza in immer wechselnden Situationen zum Erleben gebracht, mit den daraus folgenden verschiedenen Möglichkeiten, sich zusammen zu ziehen, auszudehnen, sich gemäss ihrer Dynamiken zu verhalten. Sie bilden das Grundelement für das folgende Schaffen der Formen.

Der Übergang zur Resonanz von zwei Farben eröffnet eine Welt immer neuer Empfindungen.

Hier wird es für den Maestro wesentlich, die von den verschiedenen Intervallen ausgelösten Gefühle im Inneren zu erfassen, das heisst die Beziehungen, die zwischen den Farben bestehen je nachdem, wie sie im Farbenkreis Goethes untereinander in Beziehung stehen nach Tangenten, Sehnen oder ob sie entgegengesetzt sind. Die dadurch ausgelösten Empfindungen bezeichnet Goethe als „charakterlos“, „charakteristisch“ beziehungsweise „harmonisch“.

Assenza bestand bei seinen Schülern mit besonderer Eindringlichkeit darauf, dass sie lernten, innerlich den Wert der Intervalle zu erleben, das heisst der Differenzierung von Qualitäten, potenziellen Erwecken von Empfindungen. Von ihnen hängt das Allgemeingefühl der gesamten farblichen Anlage ab.
Das Experimentieren wurde immer reicher, da die Annäherungen von Farben unter verschiedenen Bedingungen der Verteilung im Raum ins Leben gerufen wurden. Es wurden immer neue Empfindungen erlebt, auch aufgrund dessen, was von Mal zu Mal entstand durch das Übereinanderschichten der Farben, durch ihr Zurückdrängen oder Anziehen infolge der jeweiligen dynamischen Eigenschaften.

Hier war es auch notwendig, auf die gegenseitigen Verhältnisse von „Gewicht und Mass“ zu achten (wie Steiner sie nennt), das heisst auf die jeder Farbe innewohnenden ausgewogenen Qualitäten und ihrer entsprechenden Ausdehnung im Raum.

Auch die korrekte Beachtung dieser Verhältnisse, die Assenza als primäre Aufgabe betrachtete, wird Beweggrund für weitere Ausarbeitungen und Mutationen.

Nun ist die Farbanlage soweit, um die Einfügung der dritten Farbe aufzunehmen, unabhängig von den spontan durch die erfolgten Überlagerungen und Schichten entstandenen Farbtöne. Sie ist entscheidend, um der Malerei Konsistenz und Vollständigkeit zu verleihen. Hiermit wird das verwirklicht, was Steiner als „Akkord“ bezeichnet und was für Goethe die „Totalität“ bedeutet.

Im allgemeinen ist die dritte Farbe komplementär zu der in der Farbanlage vorherrschenden und hat die Aufgabe, ein „harmonisches“ Verhältnis zu bewirken.

Unter dem Gesichtspunkt eines „Farberlebens“ tritt nun die Ausarbeitung hiermit in die zentrale und wichtigste Phase ihrer Entwicklung. Um diese auf angemessenste Art zu realisieren, benutzt Assenza das, was er als Charakterisierungen bezeichnet.

Der Schüler, der gelernt hat, im Inneren das Wesen der Farben wahrzunehmen, muss nun versuchen herauszufinden, was die Farbkomposition oder die einzelnen Farben, die daran beteiligt sind, ausdrücken möchten, welches ihr Inhalt ist und welche weitere Entwicklung sie verlangen.

So wird also mit entschiedenen Eingriffen, das heisst mit der Hinzufügung neuer Farben oder der Verstärkung einiger schon bestehender und gewissenhaft aufgetragener Farben in bestimmten Punkten mit massvollen Gesten hervorgehoben werden, was der Künstler wahrnimmt als Element, das den Sinn dieser Zusammenfügung von Farben oder dieser besonderen Farbfläche zum Ausdruck bringt.

Bei diesem Vorgehen werden einige Teile des Gemäldes eine bedeutendere Rolle übernehmen, sie bilden die tragende Struktur, andere Farben bieten sich einfach als „Räume“ an, das heisst sie stellen die Umgebung dar, innerhalb welcher die erfolgte Charakterisierung die Fortführung der Ausarbeitung anregt.

Im Prozess der „Charakterisierung“ findet sich ein wesentlicher und äusserst origineller Zug der Methode Assenza.

Diesbezüglich erinnert sich der Autor, mit welcher lebhaften Eindringlichkeit der Maestro seinen Schülern, ausser der Beachtung der Intervalle und der Dynamiken, ganz besonders die Notwendigkeit der Charakterisierungen ans Herz legte.

Aus den Buch von Minardo
Immagine 004 - B. Assenza *
All dies sind unverzichtbare Hauptpunkte für die Durchführung einer guten Farbkomposition, die der Farbenlehre Goethes und den Absichten Rudolf Steiners entspricht.

Infolge all der verschiedenen Massnahmen werden fortlaufend Metamorphosen erzeugt, umso mehr, da bei jeder Hinzufügung einer Farbe oder von Gesten in einem Bereich des Gemäldes die Neubearbeitung der anderen Teile entsprechen muss, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.

So wird es auch unvermeidlich sein, dass Kontraste und Spannungen entstehen. Diese nahmen für Assenza eine beachtliche Bedeutung an, weil sie dem Gemälde Leben und Charakter verleihen, wenn sie natürlich auch erfordern, von Ruhemomenten wieder ausgeglichen zu werden. Gleicherweise muss dem Hell-Dunkel höchste Bedeutung zugemessen werden, ebenso wie der Perspektive, die hier ausschliesslich durch die Qualität der Farbe erzielt wird.

Was bis hierher beschrieben worden ist, stellt die erste Stufe der Methode Assenza dar, das heisst eine blosse Farberfahrung, die im Innersten erlebt wird.
     
 

DAS SCHAFFEN DER FORM

Im Verlauf der Ausarbeitung werden die Grenzen zwischen den verschiedenen Farbflächen inzwischen deutlich hervorgetreten sein. Die deutlichsten beschreiben dabei „ Bewegungen“, die für den aufmerksamen Beobachter das Aussehen von Linien annehmen, welche die ganze Farbkomposition durchlaufen. Sie werden Gesten genannt. Einige Flächen oder Farbmassen, die durch die Dynamiken bestimmt waren, werden eingeschlossener, dichter erscheinen. Die Umgebung oder, besser gesagt, die Gesten, die sie hervorheben, werden sie als ureigene Formen erscheinen lassen.
Aus den Buch von Minardo
Acquarello (Senza titolo) - B. Assenza * (Collezione privata)

Es ist der Mühe Wert, daran zu erinnern, dass Gesten und Formen einzig und allein das natürliche Ergebnis eines Farbprozesses sind und nicht die Realisierung eines Gedankens oder eines Projektes.

In den Gesten und den Formen haben wir die ersten Grundelemente zur Entwicklung der Komposition, das heisst einer tragenden und harmonischen Struktur, die dem wahren Inhalt der Farbkomposition entspricht. Assenza schrieb dieser Phase der Arbeit primäre Bedeutung zu.
Der Maestro lehrte seine Schüler, die Gesten zu betrachten, ihnen zu folgen, um in ihnen die Hauptlinien zu suchen, die das Farbgewebe stützen; er forderte dazu auf, die auftauchenden Formen zu suchen und zu erkennen, die sich spontan entwickelt hatten, um dann die einen oder die anderen hervorzuheben, gegebenenfalls zu modifizieren, zu korrigieren, an eine andere Stelle zu versetzen, um dem Gewebe der Gesten, dem Aussehen und der Anordnung der Formen Sinn und Gleichgewicht zu verleihen. Er verlangte damit die Schaffung der Harmonie des Ganzen.

Es handelt sich dabei um eine Aufgabe, die grosse Fleiss und grosse Zartheit verlangt. Man muss nicht dem Irrtum verfallen, dass pedantisch alle die verschiedenen Flächen und Quantitäten von Farben im Verfolgen ihrer Entwicklung umrandet werden müssten. Man muss dagegen mit der Seele „erlauschen“, was aus dem farbigen Gewebe fliesst als Sinn desselben und versuchen zu „fühlen“, was als am meisten dem Inhalt angemessene Leitlinie erscheint.

Assenza liebte es, diese Linie als die „melodische Linie“ zu bezeichnen und zwar deshalb, weil das Geschehen wie Musik in der Seele empfunden werden soll.

Damit der Schüler sich dessen voll bewusst werden konnte, empfahl Assenza eine graphische Aufzeichnung.

Aus den Buch von Hartmann
E' risorto - B. Assenza **


Von der melodischen Linie gingen, sekundär zur ersten, andere aus als deren Ausdehnungen, oder es entstanden unabhängige Linien, jedoch immer in Beziehung zur ersten. So entstand eine Struktur, ein Netz, welche die wichtigsten und grundlegendsten Elemente des farbigen Gewebes hervorhob.

Unter diesen traten jene Ansammlungen von Farben hervor, die würdig waren, in dem Ganzen eine Rolle einzunehmen, welche der Schüler dann deutlich herausarbeiten musste, indem er ihnen das Aussehen wirklicher und bedeutungsvoller Formen verlieh.

Nun wird der Schüler diesen Formen seine ganze Aufmerksamkeit zuwenden. Vielleicht erfordern sie eine Perfektionierung oder eine bessere Anordnung im Raum, um sich harmonisch dem Ganzen einzufügen.

Es muss jedoch viel Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, damit sie in ihrer Art zu sein nicht dem Zusammenhang fremd, sondern zu seinem integrierender Teil werden.

Es muss jedoch viel Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, damit sie in ihrer Art zu sein nicht dem Zusammenhang fremd, sondern zu seinem integrierender Teil werden.

Zum Abschluss dieser Ausarbeitung ergibt sich eine bedeutende und harmonische architektonische Struktur, eine Grundlage für die nunmehr bevorstehende Geburt der IDEE.

Dies ist die zweite Stufe der Methode Assenza; in ihr ist also das Hauptinteresse auf das kompositorische Element gerichtet.

 
     
  GEBURT UND VERKÖRPERUNG DER IDEE

Ausser der Qualität der Farben nehmen nun auch die Gesten durch die Sensibilität des Künstlers eine intime und lebendige Beredsamkeit an. Sie stimulieren seine Fähigkeit der Intuition und sie enthüllen ihm die geheimnisvolle Existenz von Situationen, von Figuren, welche bis zu dem Moment noch in der Komposition der Farben verborgen waren.

Es wird nun Aufgabe des Künstlers sein, sie durch klares Hervorheben offenkundig zu machen.

Eine IDEE, das MOTIV DES GEMÄLDES wird geboren und bekommt Verständlichkeit.

Aus den Buch von Hartmann
Tramonto - B. Assenza **

Durch das Darstellen von Wesen, Dingen oder Situationen, die Unterscheidung nach Glanzfarben und Bildfarben und ihrer entsprechenden Modifikationen, von denen Steiner spricht, gewinnt auch die Zuordnung der Rollen jedes einzelnen Elementes Bedeutung. Für ein vertieftes Verständnis derselben wird der Leser auf die Vorträge Steiners zum Thema verwiesen.

In den letzten Jahren seiner malerischen Tätigkeit hat Assenza viel Zeit und Energie auf die Vertiefung dieser besonderen Natur der Farben verwendet.

Die Verwandlung der Formen in Figuren ist eine Aufgabe, die einen Akt der Wahrhaftigkeit von Seiten des Künstlers erfordert. Sie darf nicht forciert erscheinen, sondern sie muss natürlich aus dem sich entfalten der Gesten und ihrer Integration mit den Formen hervorgehen. Es ist notwendig, dass der Künstler die Figur „fühlt“, die er beabsichtigt zu verdeutlichen als natürliche Manifestation der Form, von welcher sie herrührt. Wenn dies nicht geschieht, dann wird die Figur, die entworfen wird, wie von aussen kommend und dem Bild von einem ihm fremden Willensimpuls „aufgeklebt „ erscheinen. Hierin besteht der Akt der Wahrhaftigkeit, von dem die Rede war.

Assenza war äusserst achtsam und beharrlich, damit man das Risiko vermied – das immer auf der Lauer liegt, wenn man die Farbe und die gesamte Komposition nicht mit genügender Intensität in der Seele leben lässt – Figuren zu entwerfen, welche, auch in der Art ihres Daseins, nicht auf natürliche Weise aus den Anforderungen der Farbe und der entsprechenden Gesten hervorgehen.

Es wird nicht verlangt, dass die Figuren der Wesen und der Dinge, die der Künstler deutlich macht – unter Umständen auch einfach nur skizziert oder angedeutet, jedoch klar erkennbar – ihre sichtbare Wirklichkeit zeigen. Ihre Farben, mit besonderer Beachtung der Unterscheidung zwischen Glanzfarben und Bildfarben, die Gesten und die Formen werden eher die Natur des Wesens oder des Dinges zum Ausdruck bringen. Die Figuren müssen also künstlerisch so ausgeführt werden, dass ihr Aussehen ihr Wesen und ihre Qualität offenbart. Der Autor konnte oft mit Bewunderung beobachten, wie Assenza äusserst geschickt darin war, mit einfachen wesentlichen Strichen bedeutungsvolle und sprechende Figuren zu umreissen.

Die Existenz von Wesen oder Dingen enthüllen und offenbar machen, einer IDEE, einem allgemeinen MOTIV Leben verleihen aus der Farbkomposition heraus – als seines innersten Gehaltes – das stellt die dritte aber noch nicht letzte und endgültige Stufe der Methode Assenza dar.

In der Tat haben wir bis zu diesem Moment die IDEE in Betracht gezogen, die aus der Farbe entsteht. Nun ergibt sich das entgegengesetzte Vorgehen. Die IDEE fügt sich der Farbe ein. Sie muss der gesamten Farbanordnung einverleibt werden, muss es in einer Art und Weise verwandeln, dass jeder einzelne Teil sich ihr anpasst, sie vollendet ausdrückt.

Vor allem muss berücksichtigt werden, dass die Eingriffe zur Verdeutlichung der Figuren durch Einfügung etwa neuer Farben, oder durch Veränderung der schon bestehenden, oder auch durch Verändern oder Einfügen neuer Gesten, in dem Ganzen einen Mangel an Gleichgewicht oder Disharmonien erzeugt haben können. Es muss daher in dem gesamten Gebilde eingegriffen werden, um die verlorene Harmonie wieder zu suchen.

Das Ganze muss schliesslich eine solche Gestaltung ergeben, dass jede ihrer Teile der IDEE dient, einzig und allein ihretwegen existiert. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass einige Farben oder Gesten, die der IDEE fern stehen, abgeschwächt, andere verwandelt werden. Alles muss der IDEE angepasst sein.

Mit dieser vierten und letzten Stufe wird das malerische Vorgehen der Methode Assenza abgeschlossen.

Man kann sagen, dass diese Methode gewissenhaft die von Rudolf Steiner gegebenen Anweisungen widerspiegelt: die Farbe zu erleben im Ausarbeiten einer Farbgestaltung, ihr Leben und Sinn zu verleihen bis zum Erscheinen von durch die Farbe selbst geschaffenen Formen. Und schliesslich, auf dem Wege der Intuition dann die Welt, die in diesem Farberleben wirksam ist, zu entdecken und sichtbar zu machen.

Es handelt sich hierbei um ein malerisches Vorgehen, das sich radikal von allen bekannten Regeln unterscheidet, aber es ist deswegen nicht weniger inhaltsvoll an Sinn und Wert.

Dank der soliden professionellen Vorbildung Assenzas, seiner Sensibilität und Genialität, gewinnt sein malerisches Vorgehen durch seine Methode alle die Qualitäten, die notwendig sind, um inhaltsreiche und auch vom formellen Standpunkt aus betrachtet absolut wertvolle Werke zu schaffen.

     
 

DIE TECHNIK

Gewöhnlich verwandte Assenza für seine Bilder Aquarellfarben. Im Gegensatz zur klassischen Technik konnte jede Farbschicht von zahlreichen anderen überlagert werden und trotzdem lebendige Transparenz behalten. Er verschmähte es jedoch auch nicht, gelegentlich mit anderen Mitteln einzugreifen, um bestimmte Effekte zu unterstreichen oder um die bestimmten Grenzen der Materie zu überschreiten.

Im Verlauf seiner Forschung, die sich über viele Jahre erstreckte, bevor er die höchsten Höhen seiner Kunst erreichte, hat Assenza verschiedene Erfahrungen durchgemacht, während deren Verlauf er – mit gutem Erfolg – auch andere Mittel wie Öl-, Tempera-, Acryl-Farben, Pastelle und Mischtechniken verwandt hat.

Offensichtlich verlangt ein so komplexes und vielfältiges malerisches Vorgehen eine grosse Beherrschung aller möglichen Techniken. Assenza war Meister in jeder Art von Technik, ja er hat sogar selbst von mal zu mal für jeden speziellen Fall solche originell erfundene, um die Resultate zu erzielen, die er erreichen wollte.

Die Methode Assenza stellt, wenn sie innerlich erlebt und befolgt wird, sicherlich einen geeigneten Weg dar, dank dessen ein jeder in der Lage ist, in voller Freiheit zu schaffen, wenn er erst einmal die erforderliche Wahrnehmungsfähigkeit entwickelt hat, um in der unendlichen Welt der in unablässiger Aktivität strömenden Farbe einen kleinen Aspekt zu ergreifen, gerade jenen Aspekt, welchen er in der Lage ist zu ergreifen und daher in der Materie wieder zu erschaffen.. Dann hat er gelernt, „aus der Farbe zu schaffen“

     
 

DAS METHODEN-BUCH

Alle die wertvollen Studien, die der Maestro geschaffen und für die verschiedenen Stufen seines Kurses vorbestimmt hat, sind in einer Sammlung enthalten, die den Titel: „Methoden-Buch“ trägt.

Es findet sich hier eine grosse Anzahl von äusserst lebendigen Studien, die ihrerseits in verschiedene Übungen aufgeteilt sind, da die Entwicklungsmöglichkeiten auch des einfachsten Farbthemas unendlich sind.

Natürlich ist in den verschiedenen Studien der Methode das Erlernen der vielfachen und aufeinander folgenden Phasen des Eingreifens – über die hier nur kurze Hinweise gegeben werden konnten – auf Übungen verschiedener Schwierigkeitsgrade je nach dem Fortschreiten des Schülers verteilt.
Es wäre wünschenswert, dass in nächster Zukunft die „Methode der Farben“ des Maestro veröffentlicht und damit den Gelehrten zugänglich gemacht werden könnte.

Diese Methode wird heute in einigen von seinen Schülern geleiteten Malschulen gelehrt.

* Aus dem Werk von Emanuele Minardo: „Beppe Assenza, Leben und Werk des Künstlers der Methode der Farben in der Anthroposophie“ Edition EdiArgo 2005, mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Herausgebers.

** Aus dem Werk von Klaus Hartmann und Greet Helsen Durrer: Beppe Assenza, ein Leben für die Malerei und Anthroposophie“ Gideon Spicker Verlag 2005, mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Herausgebers.


 
     
         
    Luciano Balduino il fascino dei colori nella pittura goethiana
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